Im Dezember 2016 haben der Bundestag und der Bundesrat einem Gesetz zugestimmt, mit welchem die bisher bestehenden Einschränkungen bei der Verlustnutzung durch Körperschaften entscheidend verbessert werden soll. Das primäre Ziel des neuen § 8 d KStG ist es junge innovative Wachstumsunternehmen (Startups) von den negativen Folgen eines Anteilseignerwechsels zu verschonen.
Bislang war die steuerliche Verlustrechnung bei Körperschaften durch § 8 c KStG erheblich einschränkt. Werden mehr als 25 % der Anteile übertragen, geht ein Verlust im Verhältnis zu der Übertragung unter. Werden mehr als 50 % der Anteile übertragen, kommt es zu einem vollständigen Untergang eines noch nicht verrechneten Verlustes. Hierzu gibt es zwei Ausnahmetatbestände – die sog. Konzernklausel, nach der es nicht zum Verlust kommt, wenn die Anteile innerhalb eines Konzerns übertragen werden, und im Falle einer stillen Reserve Klausel. Diese Ausnahmetatbestände greifen jedoch selten bei Startups, die gerade auf neue Gesellschafter angewiesen sind. Der Einstieg eines neuen Gesellschafters führt hier häufig zu dem Wegfall eines Verlustverrechnungspotenzials. Der neue eingeführte § 8 d KStG kann in solchen Fällen von Hilfe sein.
Voraussetzung des neuen § 8 d KStG ist, dass derselbe Geschäftsbetrieb seit mindestens drei Jahren oder seit der Gründung des Unternehmens besteht. Ist für die Finanzierung des Unternehmens die Aufnahme eines neuen Gesellschafters bzw. ein Wechsel von Anteilseignern erforderlich, bleiben die bislang noch nicht genutzten Verluste erhalten, sofern derselbe Geschäftsbetrieb nach dem Anteilseignerwechsel fortgeführt wird. Ob der Geschäftsbetrieb unverändert bleibt, soll nach qualitativen Merkmalen zu beurteilen sein. Dazu gehören vor allen Dingen die angebotenen Dienstleistungen oder Produkte, der Kunden- und Lieferantenkreis, die bedienten Märkte und die Qualifikation der Arbeitnehmer. In § 8 d KStG werden schädliche Ereignisse aufgezählt, die zu einer Änderung des Geschäftsbetriebs führen. So darf der Gesellschaft keine anderweitige Zweckbestimmung zugeführt werden, es darf kein zusätzlicher Geschäftsbetrieb aufgenommen werden, die Gesellschaft darf sich nicht an einer Mitunternehmerschaft beteiligen und es dürfen in die Gesellschaft keine Wirtschaftsgüter unterhalb des gemeinen Wertes eingebracht werden.
Der Erhalt des Verlustvortrages bei Wechsel der Anteilseigner nach § 8 d KStG erfordert einen Antrag in der betreffenden Steuererklärung für das Jahr des Anteilsübergangs. Nachdem ein Antrag gestellt wird, müssen die Voraussetzungen für den fortführungsgebundenen Verlustvortrag weitergelten. Das Erfordernis der Fortführung eines unveränderten Geschäftsmodelles kann in Zukunft zu potentiellen Streitigkeiten in Steuerprüfungen führen.
Die Steuervorschrift soll für Fälle ab dem 1. Januar 2016 gelten. Damit soll eine rückwirkende Begünstigung eintreten. Nachteilig ist allerdings, dass für den Fall, dass eine Gesellschaft einen Antrag nach § 8 d KStG stellt, und die Voraussetzungen nicht gegeben sind oder wegfallen, der ganze Verlustvortrag wegfällt und nicht nur ein proportionaler Wegfall entsteht, wie es der bisherige § 8 c KStG bei einem Anteilseignerwechsel von 25 % bis 50 % vorsieht.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass bei einer 50 prozentigen Anteilsübertragung ein Antrag nach § 8 d KStG sicherlich sinnvoll ist. Bei einer Übertragung von 25 % bis 50 % sollte eine genaue Analyse angestellt werden, ob die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt werden können. Die Einführung des § 8 d KStG ist grundsätzlich zu begrüßen. Vor allen Dingen für junge innovative Startups, die häufig auf neue Investoren angewiesen sind, kann der neue § 8 d KStG von Vorteil sein. Der Umgang mit dieser Vorschrift wird jedoch nicht einfach werden, da man sich mit neuen Begrifflichkeiten, wie „derselbe Geschäftsbetrieb“ auseinanderzusetzen hat und deswegen genügend Potential vorhanden ist, den fortführungsgebundenen Verlustvortrag nicht anzuerkennen oder vorzeitig scheitern zu lassen.